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Die kollektive Intelligenz der Selbstorganisation

Interview

Die kollektive Intelligenz der Selbstorganisation

Elisabeth Hajek, künstlerische Leiterin des frei_raum Q21 exhibition space, im Gespräch mit Kurator Oliver Ressler zur Ausstellung "Overground Resistance".

Oliver Ressler, 1970 in Knittelfeld, Österreich geboren, ist Filmemacher, Künstler, Kurator und Aktivist und beschäftigt sich mit Themen wie Demokratie, Migration, Ökonomie, Formen des zivilen Ungehorsams und Klimawandel. Seit 2019 arbeitet er am vom Österreichischen Wissenschaftsfonds finanzierten Forschungsprojekt Barricading the Ice Sheets, das die Klimagerechtigkeitsbewegung, die Klimakrise und ihr Verhältnis zur Kunst untersucht.
Für den frei_raum Q21 exhibition space hat er die Schau „Overground Resistance“ kuratiert, welche eine Auswahl künstlerischer Positionen zeigt, die sich auf unterschiedliche Weise mit Klimaaktivismus und dem aktuellen Klimanotstand auseinandersetzen.

Elisabeth Hajek: Mitten im Ausstellungsraum schwebt eine kubusförmige Skulptur der Kunst- und Aktivist*innengruppe Tools for Action, deren metallische Oberfläche subtil das Licht zweier großer Videoprojektionen reflektiert – sie trägt den Titel Red Line Barricade. Am Boden angrenzend sind unzählige Poster gestapelt, die solche mit Luft gefüllten Würfel in Verwendung zeigen. Welche Bedeutung haben diese aufblasbaren, leichten Skulpturen?

Oliver Ressler: Das um den Künstler Artúr van Balen entstandene Kollektiv Tools for Action hat für die COP21 silberne Kuben entwickelt, die während der Demonstrationen gegen die COP21 im öffentlichen Raum Anwendung fanden. Sie können spielerisch in die Luft geworfen werden und damit die Sichtbarkeit der Klimaaktivist*innen erhöhen. Die Kuben können allerdings auch im Falle von Übergriffen der Ordnungshüter*innen als Puffer zwischen Polizei und Aktivist*innen eingesetzt werden. Alle Kuben sind mit einer roten Linie ausgestattet. Ein zentrales Motto bei den Aktionen gegen die COP21 in Paris war es nämlich, dass wir Menschen es selber sind, die die roten Linien ziehen müssen, nachdem es die Regierenden in einem beispiellosen Politikversagen drei Jahrzehnte lang nicht geschafft haben, die notwendige Dekarbonisierung der Weltwirtschaft einzuleiten. Die am Boden liegenden Poster, auf denen man eine Bauanleitung für die silbernen Kuben findet, können von den Ausstellungsbesucher*innen mitgenommen werden. Das Kunstwerk ist open source, die Übernahme und Adaptierung der Aktionstechnik für spezifische lokale Kämpfe wird dezidiert unterstützt.

© Tools for Action

Auf eines der beiden in unmittelbarer Nähe schräg positionierten Displays ist der 16-minütige Film Notre Flamme Des Landes: The Illegal Lighthouse Against an Airport and Its World des Laboratory of Insurrectionary Imagination projiziert … kannst Du kurz den Inhalt dieses fiktiven Dokumentarfilms erläutern?

Dieser Film des Laboratory of Insurrectionary Imagination fokussiert auf den Ort, an dem seine zentralen Mitglieder Jay Jordan und Isabelle Frémeaux leben: Das ZAD [Zone à défendre – Zone, die es zu verteidigen gilt] in der Nähe von Nantes in Frankreich ging aus den jahrzehntelangen Kämpfen gegen einen neuen Flughafen hervor. Es ist das größte autonome Territorium in Europa, ein Experimentierfeld für unterschiedliche Formen des Zusammenlebens und Zusammenarbeitens. Die meisten Menschen leben dort in selbstgebauten Häusern, die nach den individuellen Vorstellungen umgesetzt wurden. Die spektakulärste Architektur ist ein Leuchtturm – weit weg von der Atlantikküste. Er wurde an jener Stelle gebaut, an der die Flughafenbetreiberfirma ursprünglich den Tower errichten wollte. Der Film zeigt den Bau des weithin sichtbaren Wahrzeichens des ZAD und erlaubt sich ein spekulatives Ende, das die Rückführung des Leuchtturms zu der diesem Gebäude zugewiesenen Funktion als Möglichkeit für die Zukunft skizziert. Der Film zeigt auch auf, dass Widerstand nicht nur das Verhindern des Baus von neuer klimazerstörerischer Infrastruktur ist, sondern auch Schaffen, der Aufbau alternativer Strukturen. 

© Laboratory of Insurrectionary Imagination

Lösen sich somit im Aktivismus die Grenzen zwischen Kunst und Gesellschaft/Politik auf?

In der Ausstellung Overground Resistance lassen sich unterschiedliche Zugänge beschreiben, wie sich Menschen, die einen Background als Künstler*innen haben, mit ihrer Kunst in Aktivismus einbringen. Die Arbeit des Laboratory of Insurrectionary Imagination steht an einem Pol dieses Möglichkeitsraums, an dem sich die Grenzen zwischen Kunst und Politik gänzlich aufzulösen scheinen. Allerdings sollte man unterscheiden zwischen der (künstlerischen) Arbeit, die vor Ort in der ZAD stattfindet, und einem Film, der als experimentelle Dokumentation natürlich auch eine Form der Repräsentation darstellt.

© Francisco Huichaqueo

Für unsere Ausstellung Overground Resistance hast Du insgesamt zwölf internationale Künstler*innen ausgewählt, die sich als Teil der Klimagerechtigkeitsbewegungen begreifen. Vier davon sind Künstler*innen aus indigenen Bevölkerungsgruppen, die in ihrer Lebensweise das Gleichgewicht mit der Natur suchen … zu sehen ist u.  a. die audiovisuelle Arbeit MencerÑiPewma des Filmemachers und bildenden Künstlers Francisco Huichaqueo aus der indigenen Gemeinschaft der Mapuche in Chile. Er befasst sich in seinen Filmarbeiten sehr intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels und er hat sich aktiv an den Massenprotesten gegen Neoliberalismus, staatliche Missstände und soziale Ungleichheit in Südamerika beteiligt. Als ich den Film zum ersten Mal sah, versetzten mich die spirituellen Erfahrungen des Mapuche-Filmemachers in eine Art Traumzustand.

In westlichen Kulturen sind spirituelles Bewusstsein und Erleben von Natur ja vielfach verlernt. Damit verbunden ist eine fehlende Achtung der Natur und anderer Lebewesen. Wie weit müssen wir uns in unserer dualistisch geformten Welt als Subjekte zurücknehmen, unsere durch Individualismus geprägte Kultur in Frage stellen, wenn man die Welt als ökologisches, auf symbiotischen Systemen basierendes Ganzes versteht?

Die Widerstände indigener Communities gegen die Errichtung neuer Infrastrukturen, die der Extraktionslogik gehorchen, können als Wegbereiter der Klimagerechtigkeitsbewegung gesehen werden. Es war für mich von Beginn an klar, dass sich diese bedeutsame aktive Rolle Indigener auch in der Zusammenstellung der Ausstellung widerspiegeln muss. An Huichaqueos Film interessiert mich, wie er den Genozid an den Indigenen und den Ökozid in eine direkte Beziehung zueinander setzt. In seinem experimentellen Film zeichnet er eine Linie der Zerstörung durch die Invasion der Europäer*innen nach, die vor 500 Jahren begann, eine Zunahme der Ausbeutung im Kapitalismus mit dem mörderischen Siegeszug des Neoliberalismus, der durch den Putschisten Pinochet von Chile aus seinen Ausgang nahm, bis hin zur Möglichkeit der kompletten Auslöschung der Mehrheit des Lebens durch die Überhitzung des Planeten. Das solch triste Aussichten ein radikales Umdenken erfordern, versteht sich von selber. Dieses Umdenken muss alle Lebensbereiche einbeziehen: wie wir arbeiten, wohnen, heizen, mit welchen Verkehrsmitteln wir uns bewegen, wie Energie gewonnen wird, was wir essen, wie wir miteinander kommunizieren. Damit sollte auch ein Prozess der Anerkennung, der Bewusstwerdung initiiert werden, dass wir Menschen Teil der Natur sind und nicht davon abgekoppelt, und dass dieser Dualismus zwischen Kultur und Natur zu hinterfragen ist.

© Tiago de Aragão

Welche neuen Perspektiven und Umgangsweisen mit der Natur können wir von indigenen Kulturen lernen?

Ich glaube, dass das Ausmaß der ökologischen Zerstörung ursächlich mit dem westlichen kapitalistischen Konzept von Eigentum zusammenhängt. Formen des kollektiven Eigentums, das nicht durch Einzelne veräußerbar ist und das für eine Gemeinschaft nutzbar ist, existieren seit Jahrtausenden. Das weist auf eine Möglichkeit des Verhältnisses zu Land, zu Boden hin, das nicht der Logik der Profitmaximierung unterliegt. Und es fasst längere Zeitzyklen ins Auge, da die lokale Gemeinschaft natürlich ein Interesse daran hat, das gemeinsam bewirtschaftete Land als ökologisch intaktes auch an kommende Generationen weiterzugeben. Ich glaube, die Klimakrise lässt sich nur über die Auflösung bestehender Eigentumsverhältnisse lösen. Damit meine ich Besitztitel von transnationalen Konzernen und Milliardären, Großgrundbesitz, nicht den Garten von Einfamilienhäusern.

© Oliver Ressler

In vielen Deiner eigenen politischen Arbeiten, welche meistens auf persönlichen Beziehungen zu politischen Gruppierungen oder kritischen, individuellen Akteur*innen basieren, warnst Du eindringlich vor den Folgen des Klimawandels. Für die Ausstellung Overground Resistance ist ein neuer Film entstanden: Barricade Cultures of the Future und ergänzend dazu das Video Overturn the Present, Barricade the Future. Kannst Du kurz beschreiben, um was es darin geht?

Diese beiden Arbeiten unterschieden sich von allen anderen Filmen, die ich bis dahin realisiert habe, da sie direkt die Rolle von Kunst im Aktivismus thematisieren. Sie bringen Aktivist*innen zusammen, die alle einen Background als Künstler*innen haben und auf unterschiedliche Weise in den Klimagerechtigkeitsbewegungen aktiv sind. Meiner Beobachtung nach wurden viele Kulturproduzent*innen in den letzten Jahren zentrale Protagonist*innen in sozialen Bewegungen; sie sind dort auf jeden Fall viel stärker vertreten, als es ihrem Anteil in der Bevölkerung entspräche. Das sollte auch nicht weiter überraschen, scheint es doch eine Rolle der Kunst zu sein, über das Bestehende hinauszudenken. Da liegt es nahe, mit jenen sozialen Bewegungen Allianzen einzugehen, die versuchen, einen radikalen gesellschaftlichen Umbau voranzutreiben. Im Rahmen von Overground Resistance funktionieren die beiden Filme wie eine erweiterte kuratorische Klammer; drei der fünf zu Wort kommenden Künstler*innen sind über ihre künstlerischen Arbeiten (als Individuen oder Teil von Kollektiven) auch an der Ausstellung beteiligt.

© Oliver Ressler

Klimagerechtigkeit ist und wird Voraussetzung für zukünftiges Leben sein, – der Zusammenhang von Wirtschaftswachstum, Finanzmarktspekulationen, Ressourcenausbeutung, sozialer Ungleichheit etc. mit der Klimakrise scheint jedoch noch nicht die Aufmerksamkeit zu bekommen, die dringend notwendig wäre. Obwohl der Klimawandel mittlerweile ein im öffentlichen Diskurs zentrales Thema ist, ist weder das Ausmaß der von uns zu erwartenden ökologischen und sozialen Folgewirkungen noch die enge Verwobenheit mit rassistischen, sexistischen, kolonialen und autoritären Strukturen ausreichend in unserem Bewusstsein angekommen. Sind wir in einem Illusionsmodus gefangen und mit der Sicherung unserer Komfortzone beschäftigt?

Worin liegt die Zukunft der Klimagerechtigkeitsbewegungen?

Es ist leider ein Fakt, dass diejenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, die schlimmsten Konsequenzen zu tragen haben. Und dass die Mehrheit der Menschen, die in jenen Staaten leben, die die meiste Schuld an der Überhitzung des Planeten haben, am ehesten über die Mittel verfügen, es sich trotz Klimachaos und der Zunahme von Wetterextremen wohl noch ein paar Jahrzehnte gemütlich richten zu können. Vielleicht ist das ein Teil der Erklärung, warum Medien in unseren Breiten der Klimakrise noch immer nicht jene Bedeutung zuweisen, die sie hat. Eine andere Erklärung ist, dass Medien natürlich nie neutral und unparteiisch sind. Sie gehören zumeist Kapitalbesitzer*innen, die kein Interesse daran haben, dass die Ökonomie in den unterschiedlichsten Bereichen massiv zurückgefahren wird, weil das ihre Aktien auf Talfahrt schicken würde. Außerdem sind Medien von Inseraten abhängig. Würde man klar gegen das klimazerstörerische business as usual der Konzerne schreiben, würden diese bald aufhören, in diesem Medium Inserate zu schalten. Die Abhängigkeit der großen Medien vom Kapital wird für das Leben auf dem Planeten existenzgefährdend. Den Klimagerechtigkeitsbewegungen sind all diese Zusammenhänge wohlbekannt. Obwohl es vor der Pandemie die größten Klimamobilisierungen in der Geschichte der Menschheit gab, konnte allerdings trotzdem keine verpflichtende Dekarbonisierung durchgesetzt werden, von Klimagerechtigkeit ganz zu schweigen. Die Klimagerechtigkeitsbewegungen stehen vor dem Problem, größer werden zu müssen, um vor der Politik Gehör zu finden, ohne gleichzeitig den anti-rassistischen, anti-sexistischen und anti-kolonialistischen Grundkonsens über Bord zu werfen. Die Zukunft liegt in der Intersektionalität, in der Zusammenarbeit mit anderen progressiven Akteur*innen. Das kann auch deshalb funktionieren, da am Rand der Gesellschaft stehende Menschen stärker vom Klimanotstand betroffen sind. Die Klimakrise verstärkt nämlich bestehende Ungleichverhältnisse, sowohl global zwischen verschiedenen Staaten als auch innerhalb von Nationalstaaten.

© The Natural History Museum

Seit der Industrialisierung und dem beginnenden Kapitalismus greifen die Menschen massiv in die Kreisläufe der Natur ein. Wir befinden uns mittlerweile inmitten eines Artensterbens gigantischen Ausmaßes, extreme Wetterphänomene wie Starkregen, orkanartige Windböen, Hitzewellen oder Überflutungen treten immer häufiger auf. Der weltweite CO2-Ausstoß ist trotz aller politischen Abkommen und Erklärungen nicht gesunken. Laut dem aktuellen IPCC-Bericht des Klimarats der Vereinten Nationen wird sich unser Planet schon 2030, also bereits in neun Jahren, um durchschnittlich 1,5 Grad erhitzt haben.

Wie können wir uns als vom Kapitalismus geprägte Individuen von der Dominanz ökonomischer Wertesysteme und dem Wirtschaftswachstum als allumfassendem Dogma verabschieden? Wie können wir zu anderen Lebensweisen finden?

Die Klimakrise ist durch die Entscheidung Einzelner, sich der Verwertungsmaschinerie des Kapitalismus zu entziehen, nicht zu lösen. Es braucht eine schrittweise Abwicklung des Systems. Die größten transnationalen Konzerne sind auch für den Großteil der CO2-Emissionen verantwortlich. Außer den Privilegierten, die Häuser besitzen, hat der Einzelne keine Möglichkeit, zu bestimmen, auf welche Weise Strom gewonnen oder womit im Winter die Wohnung beheizt wird. Große Energiekonzerne werden für alle Probleme immer großindustrielle Lösungen suchen. Das Naheliegende, Solarzellen auf jedes Dach, die sich im Besitz der Bewohner*innen eines Hauses befinden, kann nicht in ihrem Interesse liegen, da es ihre Geschäftsgrundlage unterminiert, nämlich das Monopol auf Energieerzeugung zu besitzen. Solange Entscheidungen über Energieversorgung von Profitinteressen geprägt sind, solange Kosten für die Verbrennung von fossiler Energie externalisiert werden, wird es keine Abkehr davon geben. Die Lösungen liegen alle auf der Hand, viele von uns wissen um die Möglichkeiten einer ressourcenschonenden Existenz und wünschen sich so ein Leben. Es gibt allerdings existierende Machtverhältnisse, die diesen notwendigen Änderungen entgegenstehen. Diese Machtverhältnisse gilt es aufzubrechen, sehr, sehr schnell.

© Jonas Staal

In der Gruppenschau Overground Resistance ist u. a. auch das Video Climate Propagandas,Video Study von Jonas Staal zu sehen. Er weist darauf hin, wie Klimakatastrophen und Krisen von libertärer, neoliberaler, ökofaschistischer und verschwörungstheoretischer Seite her für ihre jeweiligen Interessen als Klimapropaganda eingesetzt werden. Jonas Staal zeigt, wie PayPal-Gründer Peter Thiel in seinem Seasteading-Projekt und Elon Musk in seinem SpaceX-Projekt die Klimakatastrophe für die Generierung neuer Märkte verwenden. Das Überleben wird zu einem Privileg elitärer Gruppen. Demgegenüber steht das Modell der Klimagerechtigkeitsbewegung. Zeichnen sich hier die klimapolitischen Kämpfe der Zukunft ab? 

Ich habe das Video von Jonas Staal ganz bewusst an den Beginn der Ausstellung gestellt, da es sehr klar zentrale Diskurse und damit auch mögliche Zukünfte aufzeigt und diese aber klar als Propaganda bezeichnet. Wir werden in den kommenden Jahren ganz gravierende gesellschaftliche Umbrüche erleben. Ich halte es für ausgeschlossen, dass die gesellschaftliche Ordnung in zwanzig Jahren vergleichbar ist zu jener, die wir heute kennen. Die Frage ist vielmehr, welcher Art diese gesellschaftlichen Umbrüche sein werden. Wir werden Degrowth bekommen. Die Frage ist, ob es ein gesellschaftlich wünschenswerter Degrowth ist, der klimazerstörerische Sektoren wie die Autoindustrie, industrielle Landwirtschaft, Rohstoffindustrie, das Militär etc. massiv schrumpfen lässt, während auf der anderen Seite demokratische Partizipation und klimaneutrale Infrastrukturen zunehmen. Oder ob sich der grüne Kapitalismus durchsetzt, der bestehende Macht- und Kapitalinteressen intakt lässt, der mit Technofixes versucht, den Temperaturanstieg in Schach zu halten, der die Grenzen im Kampf gegen die Klimaflüchtlinge aus dem Süden weiter militarisiert, und Teile der Welt in Kriege und Bürgerkriege um Land und Ressourcen stürzt. Ich glaube, es ist klar, für welche Zukunft Overground Resistance Position ergreift.

Dass immer mehr Menschen für den Klimaschutz demonstrieren und in den Klimagerechtigkeitsbewegungen aktiv werden, zeigt, dass sie erkennen, wie dramatisch die aktuelle Situation ist. Globale Solidarität und kollektive Entschlossenheit, den Druck auf die Politik zu erhöhen, stehen dabei im Vordergrund. Kommen diese Bemühungen, die Erde auch für die kommenden Generationen als Lebensraum zu bewahren, nicht zu spät? Können wir die ökologische Wende durch drastische und schnelle Reduktion der Treibhausgasemissionen überhaupt noch schaffen?

Es ist klar, dass die Temperaturen weiter steigen werden, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass es innerhalb ganz weniger Jahren gelingen sollte, eine globale Dekarbonisierung einzuleiten. Es sind einfach schon zu viele Treibhausgase in die Atmosphäre eingespeist, die dort noch dazu Jahrzehnte weiterhin aktiv sein werden. Das heißt allerdings nicht, dass es zu spät ist, zu handeln. Jedes weitere Jahr des Nichthandelns zerstört die Lebensgrundlagen von weiteren Millionen Menschen (zu Beginn im globalen Süden). Das Nichthandeln der reichen Staaten ist Ausdruck von Klimarassismus.

© Kathy Jetn̄il-Kijiner & Aka Niviâna

Was stimmt Dich dennoch optimistisch?

Solange es Möglichkeiten des Handelns gibt, muss man handeln. Die staatlichen Reaktionen auf die Pandemie haben gezeigt, dass das Unvorstellbare möglich werden kann: Die Wirtschaft wurde heruntergefahren.

Mein Agieren ist von der unstillbaren Lust getrieben, den fossilen Kapitalismus stürzen zu sehen. Ich schließe die Augen und sehe die Städte vor mir, in denen der Autoverkehr zurückgedrängt und der öffentliche Raum zum Gehen, Plaudern, Spielen und Radfahren zurückerobert wird. Ich sehne mich danach, dass die Milliardäre enteignet werden und dass deren Geld in den Aufbau von klimaneutraler Infrastruktur im Süden gepumpt wird. Ich vertraue auf die kollektive Intelligenz von Menschen, sich in Notsituationen selbstorganisiert für das Leben und gegen die Zerstörung einzusetzen.

 

Titelbild: Rachel Schragis,Confront the Climate, flowchart, 2016

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