02.05.2018 bis 02.05.2018 - mumok
Entgrenzter Formalismus
KUNST
„Auch wenn die Moderne durchaus besser hätte verlaufen können, so doch niemals gut.“ Aus dieser polemischen Feststellung folgt in Kerstin Stakemeiers Buch Entgrenzter Formalismus. Verfahren einer antimodernen Ästhetik die Suche nach einer antimodernen (Kunst-)Geschichte, die in die Gegenwart wirkt. Stakemeier behandelt die Autonomie der Kunst nicht als gefährdete Errungenschaft, sondern als historisches Problem – die bürgerliche „Freiheit der Kunst“ als Prozess ihrer zunehmenden gesellschaftlichen (Selbst-)Entmündigung. Vor diesem Hintergrund befasst sich die Autorin mit ästhetischen Vorstößen, die sich weigern, einen kunstimmanenten Formalismus zu reproduzieren und sich stattdessen der eigenen Modernität zu entledigen suchen. So skizziert Entgrenzter Formalismus die Grundzüge einer gegenwärtigen Kunstgeschichte künstlerischer Selbstabschaffung. In ihr wird der Aufstieg und Fall künstlerischer Formen Anhaltspunkt und Praxisbeispiel eines ästhetischen Denkens, das vorschlägt, die Gegenwartskunst als Austragungsort gesellschaftlicher Form ernst zu nehmen – damit aus ihr mehr folgen kann als nur sie selbst. Eröffnet wird der Abend mit der Präsentation eines Ausschnitts aus Anja Kirschners jüngstem Film Moderation (2016), mit dem sich Stakemeier im letzten Kapitel ihres Buchs beschäftigt. Moderation handelt von der Vorproduktionsphase eines Horrorfilms, der in Griechenland, Ägypten und Italien spielen soll und dessen Vorbereitung zunehmend vom Horror alltäglicher Wirklichkeit – von den Geistern der Vergangenheit in der Gegenwart – sowie von einer Entgrenzung seiner Beteiligten bestimmt wird.
Programm
Anja Kirschner, Moderation, 2016, 30 min (Ausschnitt)
Anschließend Gespräch mit Helmut Draxler, Anja Kirschner und Kerstin Stakemeier, moderiert von Manuela Ammer (Kuratorin, mumok)
Helmut Draxler lebt in Berlin. Er ist Professor für Kunsttheorie an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Publikationen: Abdrift des Wollens. Eine Theorie der Vermittlung (2016); Gefährliche Substanzen. Zum Verhältnis von Kritik und Kunst (2007). Derzeitige Forschungsprojekte: Eine Philosophie der flämischen Malerei und eine Kulturtheorie der Spaltung.
Anja Kirschner lebt in London. Ihre Filme rekurrieren auf faktische, literarische und popkulturelle Quellen und untersuchen Themen wie Materialität, Digitalität und Narrativität sowie die Frage, wie diese Aspekte zur (De-)Formation von Subjektivität und politischer Handlungsfähigkeit beitragen. Ihr 2016 entstandener Spielfilm Moderation wurde u. a. auf der Berlinale, beim BFI London Filmfestival und dem Internationalen Film Festival Thessaloniki gezeigt.
Kerstin Stakemeier ist Professorin für Kunstheorie/-vermittlung an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Als Herausgeberin verantwortete sie die Publikationen Painting – The Implicit Horizon (mit Abigail Moss, 2002), Macht des Materials/Politik der Materialität (mit Susanne Witzgall, 2014) und Klassensprachen (mit Manuela Ammer, Eva Birkenstock, Jenny Nachtigall und Stephanie Weber, 2017). 2016 erschien Reproducing Autonomy (mit Marina Vishmidt).