Anmerkungen zum Beginn des kurzen 20. Jahrhunderts
Eröffnung
Di 02.06., 19hZeitraum
03.06. bis 16.08.2015Öffnungszeiten
Di-So 13-16h, 16.30-20hEintritt
freiPresseführung: Di 02.06., 10h
KünstlerInnen:
Kader Attia (FRA), Simone Bader (AUT), Marcin Berdyszak (POL), Nin Brudermann (AUT), Martin Chramosta* (SUI), ETAGE (GER, Stefan Bombaci & Daniela Dietmann)*, Karen Geyer – Grauton* (SUI), Sabine Groß* (GER), Group San Donato (RUS, Oleg Blyablyas, Alexey Chebykin, Evgeny Umansky), Thibaud Guichard* (FRA), Ruppe Koselleck* (GER), Martin Krenn (AUT), Olga Alia Krulisova & Jana Morkovska* (CZE), Anton Kuznetsov* (RUS), Jerôme Leuba (SUI), François Martig* (BEL), Radenko Milak (BIH), Mladen Miljanovic (BIH), Beate Passow* (GER), Joachim Seinfeld* (GER), Deborah Sengl (AUT), Belle Shafir* (ISR/GER)
*Artist-in-Residence des quartier21/MQ
KuratorInnen: Andrea Domesle (GER), Frank Eckhardt (GER)
„Anmerkungen zum Beginn des kurzen 20. Jahrhunderts“ begibt sich auf den Weg, die geschichtlichen Spuren des Ersten Weltkrieges in der Gegenwart darzulegen und den Umgang mit ihnen zu reflektieren. Was bedeutet diese Zeit, was bedeuten diese lange zurück liegenden Geschehnisse für uns? Was fordert eine heutige Stellungnahme und gegenwärtige künstlerische Auseinandersetzung heraus? Wie und wo lässt sich der geschichtliche Einfluss in Kunstwerken greifen? Welche Intentionen und Bildpolitiken stehen hinter den unterschiedlichen Formen der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit?
Die Ausstellung geht der Frage nach, inwieweit es zeitgenössischer Kunst zwischen Konstruktion, Referenz und Abbild möglich ist, das kulturelle Gedächtnis zu erweitern, zu korrigieren oder gar zu einer Wirklichkeitsfindung von Geschichte beizutragen. Gleichzeitig zeigen die Exponate veränderte, nicht gesellschaftskonforme Geschichtsbilder und verdeutlichen die Unterschiede von nationalen Erzählungen und Erinnerungskulturen über den Krieg.
So werden in der Diashow „Reparatur. 5 Akte“ (2012) von Kader Attia (FRA) der europäische Umgang mit dem Ersten Weltkrieg und die Kolonialgeschichte mit der aktuellen Migrationspolitik sowie europäische Kunstgeschichte und afrikanische Kultgegenstände miteinander verknüpft.
Die österreichische Künstlerin Deborah Sengl (AUT) zeigt die Skulptur „In-Chlor-Ious Basterd“ zum Chemiker Fritz Haber, der als „Vater des Gaskrieges“ gilt.
Die Künstlerinnen Olga Alia Krulisova & Jana Morkovska (CZE) wiederum stellen das Attentat von Sarajevo filmisch nach und reflektieren darüber, wie Augenzeugen ein Ereignis wahrnehmen, das das Leben von Millionen Menschen von Grund auf verändert hat.
Radenko Milak (BIH) malte in seiner Serie „Intimacy of planetary event“ für jeden Tag im Jahr Bilder von einem einschneidenden Ereignis des 20. Jahrhunderts während er in seiner Serie „storys about pigeons“ den Einsatz von Tauben als fliegende Spione, ausgerüstet mit Kameras, in scheinbar dokumentarischer Art nachzeichnet. Die in New York lebende österreichische Künstlerin Nin Brudermann (AUT) setzt sich mit ihrer Familiengeschichte auseinander: ihr Urgroßonkel und Urgroßvater waren k.u.k. Generäle. Der Disput mit Feldmarschall Franz Conrad über die Ursachen der Niederlage bildet den Ausgangspunkt für ihre Installation „Clash of Giants“ sowie einen gleichnamigen Kurzfilm. Die russische Künstlergruppe „San Donato“ reinstalliert in der Ausstellung den „Eisernen Wehrmann“ von Königsberg aus dem Jahre 1915, eine während des Ersten Weltkrieges weit verbreitete patriotische Nagelskulptur.
Gleichzeitig werden auch neue Arbeiten zu sehen sein, die Artists-in-Residence des quartier21/MQ während ihres Aufenthaltes in Wien für die Ausstellung schaffen wie z.B. eine Installation der Gruppe ETAGE (GER), die Bilder des Krieges reflektiert.
Beate Passow (GER) beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit den literarischen Werken von Gottfried Benn und Georg Trakl und verwendet die Sticktechnik als Metapher des Zusammenfügens von sonst Unvereinbarem.
Joachim Seinfeld (GER) wiederum manipuliert in seiner Fotoserie „Wenn Deutsche lustig sind - Dokufiction“ historisches Dokumentationsmaterial. Durch das künstlerische Spiel mit Identitäten soll der Betrachter angeregt werden, sein individuelles soziales Bezugssystem zur Geschichte zu überdenken.
Vorträge, Screenings, Artist Talks und Führungen ermöglichen zudem einen interdisziplinären Dialog über die Bedeutung des Ersten Weltkrieges. Ergänzend wird es im Rahmen der Ausstellung Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche geben.
„Anmerkungen zum Beginn des kurzen 20. Jahrhunderts“ wird in Kooperation mit dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres; Motorenhalle. Projektzentrum für zeitgenössische Kunst Dresden und Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung organisiert. Begleitprogramm und Workshops finden in Kooperation mit den Jungen Europäischen Föderalisten statt.
#notesWWI
Grafik: milchhof/Michael Rudolph
Interviews
"Wir sind doch nicht irgendeiner Hybris verfallen."
Andrea Domesle und Frank Eckhardt kuratieren die neue Ausstellung im freiraum quartier21 INTERNATIONAL, die vielstimmige, multiperspektivische Anmerkungen zum letzten Jahrhundert macht.